Mittelalter und Frühe Neuzeit

Vorgeschichte und Gründungslegende

Jungsteinzeitliche Kulturen und die erste römische Ansiedlung (Jungsteinzeit - 1024)


Die ersten Spuren einer Besiedlung in der Region rund um das heutige Brauweiler sind auf die Jungsteinzeit oder das sogenannte Neolithikum zu datieren. Ausgrabungen in den 1930er Jahren haben dabei auf dem östlichen Gelände der Abtei Bruchstücke von verschiedenen jungsteinzeitlichen Keramiken, aber auch Schaber, Beile und zahlreiche weitere Objekte hervorgebracht. Sie zeigen, dass der Standort Brauweiler bereits in der Jungsteinzeit von großer Bedeutung war.
Weitere Ausgrabungen in den 1980er Jahren im Bereich des Kreuzgangs bestätigen, dass es in Brauweiler bereits römische Ansiedlungen gab. Gefunden wurden Überreste einer villa rustica, ein wirtschaftlich genutztes Landgut, welches in der Nähe der südwestlichen Ausfallstraße nach Aachen lag. Die archäologischen Funde zeigen uns einen dreiflügeligen Gebäudekomplex mit Steinfundamenten und eine Zisterne zur Wasserversorgung, wenngleich die Zisterne erst aus dem 16. Jahrhundert stammt. Gegen Ende des 4. Jahrhundert wurde die römische Landvilla wahrscheinlich im Zuge der fränkischen Völkerwanderung verlassen, sodass eine über mehrere Jahrhunderte andauernde Zeit der Verödung des Areals einsetzte. Ferner wurden auf dem heutigen Gelände aus merowingischer Zeit stammende Überreste einer Bebauung gefunden. Diese deuten auf eine Besiedlung in dem Zeitraum zwischen der ersten bezeugten Bebauung zur Zeit der Römer und der Stiftung durch die Ezzonen im 11. Jahrhundert hin.

Die Gründungslegende und ezzonische Stiftung von Kirche und Kloster (1024 - 1136)

Die Stiftung einer Kirche sowie eines dazugehörigen Klosters ist auf das 11. Jahrhundert zu datieren. Der lothringische Pfalzgraf Ehrenfried, auch Ezzo genannt, und seine Frau Mathilde, Tochter Kaiser Ottos II. und der Byzantinerin Theophanus, stifteten die Kirche als Grablege für ihre eigene Familie.
Wie viele klösterliche Gründungsgeschichten ist auch die der Abtei Brauweiler sagenumwogen. Der Legende zufolge offenbarte sich Mathilde im Traum unter einem Maulbeerbaum eine göttliche Vision, welche sie inspirierte, auf dem Brauweiler Hofgut ein Kloster zu stiften. Durch die Vision angetrieben, pilgerten Ehrenfried und Mathilde in einer Wallfahrt nach Rom und erhielten im Jahr 1023 durch den römischen Papst Reliquien sowie ein Kreuz für eine Klostergründung. Die Wahl des Standortes Brauweiler wird in der vor 1100 verfassten Fundatio monasterii Brunwilarensis, der Gründungsgeschichte des Klosters Brauweiler, mit Mathildes Vision begründet.
Überliefert ist allerdings sicher, dass der Kölner Erzbischof den Cluniazensischen Reformabt Poppo von Stablo mit einer Gruppe von sieben Benediktinermönchen nach Brauweiler entsandte, welche den Kern des Klosterstifts bildeten. 1028 wurde das Kloster durch Erzbischof Pilgrim geweiht und ab 1030 mit dem Mönch Ello aus St. Maximin in Trier als erstem Brauweiler Abt besetzt.
Die erste um 1025 von Ehrenfried und Mathilde gestiftete Klosterkirche wurde im Jahr 1048 durch deren Tochter Richeza, die als Witwe des polnischen Königs Mieszko II. nach Brauweiler zurückkehrte, durch einen Neubau ersetzt. Nach einer ausgesprochen kurzen Bauzeit wurden 1051 die Krypta und 1061 die Oberkirche zu Ehren der Heiligen St. Nikolaus und St. Medardus durch den Kölner Erzbischof Anno II. geweiht. In dem Neubau der Kirche fanden letztendlich das Stifterpaar Ehrenfried und Mathilde ihre Ruhestätte, wenngleich Richeza nach ihrem Tod 1063 nicht in der Krypta der Klosterkirche St. Nikolaus, sondern von Erzbischof Anno II. in St. Maria ad Gradus in Köln beigesetzt wurde. Im 19. Jahrhundert wurden die Gebeine Richezas in den Kölner Dom übertragen, wo sie sich bis heute in einem Epitaph in der Johanniskapelle im Ostchor befinden. Die von Richeza gestiftete Kirche wurde im Jahr 1085 unter Wolfhelm, dem dritten Abt der Abtei, fertiggestellt.

Mittelalter

Siegburger Reform und dritter Neubau der Kirche (1136 - 1400)


Nach nur wenigen Jahrzehnten wurde die unter Richeza gebaute Abteikirche ab 1136 grundlegend erneuert. In die Bauzeit von 1136 bis 1225 fällt auch der Bau der sogenannten dritten Brauweiler Kirche sowie der Neubau der Klosteranlage unter Abt Aemilius. Er stiftete zuallererst den Neubau des Kapitelsaals, welcher in dem mittelalterlichen Kloster im Ostflügel des Kreuzgangs lag und Versammlungs- und Beratungsraum des Konvents war. Der Kapitelsaal wurde von den seit 1095 nach der Siegburger Reform lebenden Mönche reich mit Fresken ausgemalt und ist ein einzigartiges Beispiel romanischer Monumentalmalerei des Rheinlands. Das Bildprogramm der Gewölbemalereien setzt sich dabei aus Szenen zusammen, die auf eine auf dem Hebräerbrief (11, 33-39) basierenden Lesung zurückgehen. Vermutlich wurden die Malereien zwischen 1148 und 1174 gefertigt. Der Bau des Ostflügels wurde sukzessive fortgeführt, anschließend wurden der West- und Südtrakt des Kreuzganges gebaut. Der Nordtrakt wurde als letztes fertiggestellt. Erst nach Fertigstellung des Neubaus der Klostergebäude wurde unter Abt Godesmann mit den Erneuerungsarbeiten an der Kirche begonnen.
Im Verlauf der Geschichte war eine große Anzahl verschiedener historischer Persönlichkeiten zu Gast in Brauweiler. Dazu gehörte der Mystiker und Mitbegründer des Zisterzienserordens Bernhard von Clairvaux. Er kam 1147 in die Abtei, um den adeligen Teil der Bevölkerung zur Beteiligung am zweiten Kreuzzug aufzufordern. Er feierte in der Klosterkirche am Hauptaltar die Messe und vollzog laut Klosterannalen auch einige Wundertätigkeiten. Die Kasel, ein liturgisches Gewand aus byzantinischer Seide, das Bernhard hierbei getragen haben soll, wird heute im Lapidarium der Pfarrkirche St. Nikolaus aufbewahrt und besticht durch seinen außergewöhnlichen guten Zustand.
Auch der Gelehrte und Kirchenlehrer Albertus Magnus kam 1274 in die Benediktinerabtei und weihte bei seinem Aufenthalt einen Altar in der Klosterkirche. Er stand in vertrautem Kontakt mit dem Brauweiler Abt Heinrich I. von Rennenberg und war berufen, um in einer Auseinandersetzung zwischen Abt und Konvent unterstützend zur Seite zu stehen.
Neben diesen bekannten Männern gibt es auch nicht minder bekannte Frauen, die mit der Geschichte des Klosters verbunden sind. So gab es beispielsweise im 12. Jahrhundert einen Briefwechsel zwischen Abt Geldolf und der wichtigen Äbtissin des Klosters Rupertsberg, Hildegard von Bingen. Abt Geldolf wandte sich an Hildegard mit der Bitte, eine besessene Frau von einem Dämon zu befreien. In der Vita der heiligen Hildegard berichtet Theoderich von Echternach, dass es Hildegard tatsächlich gelungen sei, die Frau von dem Dämon zu befreien.

Die Bursfelder Reform und der Aufschwung im 15. Jahrhundert (1400 - 1500)


Im 15. Jahrhundert wurde in der Abtei Brauweiler die Bursfelder Reform eingeführt, eine geistlich-monastische Reformbewegung, durch welche das Kloster in den Verband der Bursfelder Reformklöster einbezogen wurde. Dies bedeutete, dass die Mitgliedsklöster sich nach einheitlichen Vorschriften für Liturgie und Lebensgewohnheiten richteten und ihre Äbte in regelmäßigen Abständen zu Generalkapiteln zusammenkamen. Diese Gruppe war bestrebt, sich stärker auf die Ideale der Benediktsregel zurück zu besinnen und gegen die zunehmende Verweltlichung der Klöster vorzugehen.
Trotz alledem gingen die wirtschaftlich schwierigen Zeiten des Rheinlands im 15. Jahrhundert nicht an der Abtei Brauweiler vorbei. Wenngleich die Bursfelder Reform die geistliche Integrität der Abtei zunehmend stärkte, so war sie wirtschaftlich stark erschöpft. 1491 gelang jedoch Abt Adam II. von Münchrath während seiner Amtszeit ein Aufschwung der finanziellen Situation des Klosters. Aus einer Missernte zu Beginn der 1490er Jahre konnte die Abtei einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Da sich eine große Menge Getreide in den Vorratskammern der Abtei befand, konnte es zum Vorteil der Abtei teuer verkauft werden. Mit dem erwirtschafteten Gewinn konnten so ein neues Back- und Brauhaus finanziert werden.

Frühe Neuzeit

Kaiser Karl V. und die Würde zum Tragen eines Wappens (1500 - 1600)


Das Jahr 1547 markiert ein wichtiges Datum in dem Bestehen der Abtei. Es ist das Jahr, in dem Kaiser Karl V. der Abtei das Recht zu Führung eines besonderen Wappens verlieh. Kaiser Karl V., Enkel und Nachfolger Kaiser Maximilians I. aus dem Habsburger Herrscherhaus, war das erste Mal um 1520 zu Besuch in der Abtei, als er sich auf dem Weg in das nah gelegene Köln befand. Im gleichen Jahr wurde er am 23. Oktober vom Kölner Erzbischof Hermann V. von Wied in Aachen zum Kaiser gekrönt.
Das vom Kaiser verliehen Wappen der Abtei Brauweiler zeigt einen schwarzen Adler auf silbernem Hintergrund, welcher einen goldenen Abtsstab hält. Damit verweist dieses Wappen auf die Beziehung der Abtei zu den römisch-deutschen Kaisern. Einzelne Äbte nutzten dieses Wappen, indem sie ihm im über der Brust des Adlers ihr eigenes Wappen hinzufügten. Die Verwendung des Wappens verstärkte das Ansehen der Abtei und wurde an vielen Stellen dern Abteigebäuden gut sichtbar angebracht. Zudem ließen die Äbte ein neues Siegel mit dem Wappenadler erstellen, dass sie fortan auf allen wichtigen Dokumenten und Urkunden nutzten. Trotz des kaiserlichen Wappens blieb die Abtei im Übrigen aber rechtlich weiterhin dem Kölner Erzbischof unterstellt.

Barock und Revolution: Das vorzeitige Ende von 778 Jahren Klostergeschichte (1600 - 1802)


Die Abtei war im Verlauf ihrer Geschichte ständigem Wandel unterlegen. Dieser zeigte sich nicht nur in Bezug auf die religiösen Pflichten der Mönche, sondern ganz unmittelbar auf ihr Dasein im Kloster. Zunächst plante aber der 51. Abt, Anselm Aldenhoven, Ende des 18. Jahrhunderts die Erneuerung der Abtei. Er beauftragte den Architekten Nikolas Lauxen, den mittelalterlichen Gebäudekomplex der Abtei zu erweitern und zu barockisieren. Dazu errichtete er die bis heute ortsprägende Prälatur als eine der letzten großen barocken Bauwerke überhaupt.
Historisch kann der späte und kostspielige Bau mit dem Zeitgeist des ausgehenden 18. Jahrhunderts begründet werden. Nach der erfolgreichen Amerikanischen Revolution sowie den aufkommenden Unruhen in Frankreich befand sich die Kirche in einer Zeit des Wandels und des Aufruhrs, wodurch ein Machtverlust befürchtet wurde. Ein pompöser und prestigeträchtiger Bau eines Klostergebäudes zeigte sich als wirkungsvolles Symbol der kirchlichen Macht in der Region. Bis heute repräsentieren die von Lauxen umgesetzten barocken Erweiterungen die Abtei und heben sie in ihrer Bedeutung im Ort hervor.
Wenig später, bereits 1794, zogen aber die französischen Revolutionstruppen in das Rheinland ein und besetzten es. Brauweiler wurde französisch. 1802 wurden dann tatsächlich auf Erlass des französischen Staates alle Klosterbesitzungen verstaatlicht. Auch in Brauweiler wurde das Kloster aufgelöst und die Mönche vertrieben. Damit endete die fast 800-jährige Geschichte der Abtei als Ort des monastischen Lebens. Nur wenige Jahre später wurde in den vorhandenen Gebäuden eine sogenannte „Bettleranstalt“ (1809 bis 1815) eingerichtet.

LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler