Nach dem Zweiten Weltkrieg

Displaced Persons Camp

Kriegsende in Brauweiler (1945)

Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 04. März 1945 endete in Brauweiler der Zweite Weltkrieg. Für Teile der Brauweiler Bevölkerung bedeutete dies die Zwangsräumung ihrer Häuser und Wohnungen zur Unterbringung alliierter Truppen und Organisationseinheiten.

Auch die Gebäude und das Gelände der Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler wurden von den Amerikanern beschlagnahmt. Gefangene und sogenanntef Korrigend*innen waren nur noch sehr wenige anzutreffen, da mit dem Vorrücken alliierter Truppen aus dem Westen bereits seit Herbst 1944 die Arbeitsanstalt sukzessive geräumt worden war und gegen Kriegsende hauptsächlich die Gestapo das Gelände der Abtei Brauweiler nutzte. In der Arbeitsanstalt wurden von den vorrückenden Soldaten nur noch 135 Männer und 10 Frauen angetroffen sowie einige Bedienstete und der Anstaltsgeistliche Thewissen, den die Alliierten zum kommissarischen Leiter der „Anstalt“ ernannten. Der eigentliche Leiter der Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler, Albert Bosse, hatte sich zuvor bereits in den Harz abgesetzt, wo er Suizid beging, um u.a. den juristischen Folgen seiner Taten zu entgehen. Die Anstalt wurde am 06. Juni 1945 offiziell aufgelöst und die verbliebenen Insassen auf andere Einrichtungen verteilt. Dem kommissarischen Anstaltsleiter verblieb die Leitung und Aufsicht über Bedienstete und einige Anstaltseigene Betreibe (Gutshof, Gärtnerei, Ziegelei, Bäckerei und Wäscherei).

Bereits mit dem Einmarsch alliierter Truppen wurden in den Gebäuden der Arbeitsanstalt verschiedene Personengruppen untergebracht. Anfangs wurden die aus ihren eigenen Häusern und Wohnungen ausquartierten Einwohner*innen Brauweilers und zeitgleich auch erste sogenannte Displaced Persons (kurz: DP’s) auf dem Gelände beherbergt. Während die Brauweiler Bevölkerung nur wenige Wochen hier Unterschlupf fand, verbrachten die DP’s auf dem ehemaligen Klostergelände insgesamt mehrere Jahre. Displaced Persons waren damals hauptsächlich Menschen, die während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges aus ihrer Heimat nach Deutschland, bspw. als Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter*innen verschleppt worden waren. Daher gründeten zunächst die Amerikaner ein DP-Camp, das sie dann an die nachrückenden Briten übergaben. Die erste Gruppe DP’s, die in Brauweiler untergebracht wurde, waren vor allem westliche Europäer*innen (aus den Niederlanden/Belgien/etc.) deren sogenannte Repatriierung ohne Schwierigkeiten vorzunehmen war. Auf diese ersten DP’s folgten von etwa Mai bis September 1945 mehrere tausend Italiener*innen, die das Naziregime als Kriegsgefangene interniert hatte. Daher wurde innerhalb des Camps in dieser Zeit auch vom „Commando Italiano del Campo“ gesprochen.

Displaced Persons in der Abtei Brauweiler (1945-1949)


Die dritte und längste Phase des DP-Camps Brauweiler wird durch die Unterbringung ehemaliger Zwangsarbeiter*innen verschiedenster osteuropäischer Nationalitäten markiert, wobei die Gruppe aus Polen den größten Anteil hatte. Nach offizieller Zählung der britischen Armee vom 29. Februar 1948 waren 2428 Personen im DP-Camp Brauweiler untergebracht.

Neben den beengten Verhältnissen im Camp traten auch die teils geringen Rationszuweisungen hinzu. Nahrungsmittel und Zigaretten galten im DP-Camp, wie im gesamten Nachkriegsdeutschland, als Währungsmittel. Daher waren auch die DP’s darauf aus, sich Nahrungsmittel und andere Tauschwaren zu besorgen. Da kein wirklicher Austausch bzw. Kontakt zur Brauweiler Bevölkerung bestand und die eine wie die andere Seite dem ehemaligen „Feind“ (noch) nicht vergeben hatte, kam es zu kriminellen Handlungen. Das Ganze nahm solche Ausmaße an, dass selbst die Kölner Zeitungen über Überfälle und Schusswechsel im Raum Brauweiler berichteten. Die britische Militärregierung versuchte zwar, mit Durchsuchungen der DP-Camps die DP’s zu entwaffnen, doch zumindest in Brauweiler schlug dies katastrophal fehl:

Im Juli 1947 sollten unter der Leitung der britischen Armee 80 deutsche Polizisten das DP-Camp Brauweiler nach Munition und illegalen Waffen durchsuchen. Die Durchsuchung endete in einem Fiasko, 31 der 80 Polizeibeamten wurden wie drei der DP’s verletzt. Die Polizisten mussten damals ihren Einsatz abbrechen und sich zum eigenen Schutz zurückziehen. Auf diese Weise war an friedlichen Kontakt zur deutschen Bevölkerung nicht zu denken.

So schnell das DP-Camp Brauweiler in Gang gesetzt wurde, so schnell wurde es auch wieder geschlossen. Kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland gaben die Alliierten die Kontrolle über die DP-Camps an die Bundesrepublik ab. Wie sich heute zeigt, hatte dies viel mit den Zusatzkosten, die durch den Betrieb der DP-Camps entstanden waren, zu tun. Im Zuge dieser Übergabe der Kontrolle wurde das DP-Camp Brauweiler geschlossen und die letzten Bewohner*innen auf andere Camps verteilt. Bereits im November 1949 wurde das Abteigelände wieder frei- und an die damals noch zuständige Vorgängerorganisation des LVR zurückgegeben.

Landesarbeitsanstalt

Wiederaufnahme der Arbeitsanstalt (1949)


Nachdem im November 1949 die letzten sogenannten Displaced Persons das Gelände der ehemaligen Arbeitsanstalt verlassen hatten, gelangten Bewirtschaftung und Betrieb der Liegenschaft wieder vollständig unter die Kontrolle des Provinzialverbandes Rheinland, dessen Nachfolger 1953 der Landschaftsverband Rheinland wurde. Dieser unterhielt die Arbeitsanstalt bis 1969.
Die stark beschädigten Gebäude wurden zunächst wieder instandgesetzt. Eine umfassende Restaurierung aller Gebäude fand jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht statt. Zwar wurden vereinzelt Gebäudeteile restauriert, wobei aber aus heutiger Sicht Fehler gemacht wurden. Beispielsweise wurden die mittelalterlichen Wandmalereien im Kapitelsaal bei der Abnahme von Übermalungen in den 1950er Jahren stark beschädigt.
Der Betrieb der Arbeitsanstalt glich im Ganzen den Verhältnissen der Vorkriegsjahre. Da auch die 1912 gegründete „Trinkerheilanstalt Freimersdorf“ auf dem Gelände der Abtei Brauweiler weitergeführt wurde, war das Klientel der Nachkriegszeit mit dem der 1920er Jahre vergleichbar. Dies hing mit der damals geltenden Rechtsprechung zusammen, die bis 1969 noch immer auf einer gesetzlichen Regelung aus dem Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794 basierte, welches als erzieherische Maßnahme die sogenannte „korrektionelle Nachhaft“ vorsah. Die als „Korrigend*innen“ bezeichneten Personen hatten nach Ableistung ihrer jeweiligen Haftstrafe diese „Nachhaft“ anzutreten, um durch Arbeit ein „normales“ Leben zu erlernen.

Alltag und Auflösung (1950-1969)


Die Insass*innen arbeiteten in den anstaltseigenen Betrieben, z.B. in der Schneiderei, Wäscherei oder der Ziegelei. Dort wurden Waren für andere Landeskrankenhäuser oder externe Kunden hergestellt. Der damals hier tätige Schneidermeister berichtete, dass die Näherei unter anderem Küchenschürzen für den Schlussverkauf einiger Versandhändler produzierte. Ein Ansporn zur Arbeit war für die Korrigend*innen immer die Aussicht auf Tabak oder Zigaretten am Feierabend.

Diejenigen, die auf Grund von Alkoholismus, Bettelei, Landstreicherei, Prostitution, Zuhälterei oder Unterhaltsschulden einsaßen, kamen aus ganz Westdeutschland, da Verträge zur Unterbringung mit anderen Bundesländern bestanden. Dies war auch der Grund dafür, dass die Frankfurter Prostituierte Rosmarie Nitribit, die durch ihren gewaltsamen Tod Berühmtheit erlangen sollte, von 1952 bis 1953 in Brauweiler untergebracht war.
Mit dem gesellschaftlichen Wertewandel in den 1960er Jahren waren auch die Belegungszahlen der Landesarbeitsanstalt rückläufig. Die Gründe hierfür lassen sich auf mehrere Aspekte zurückführen. Zum einen wiesen die Gerichte nicht mehr so häufig wie zuvor Personen in Arbeitshäuser ein, zum anderen kündigten verschiedene Bundesländer ihre Verträge mit der Arbeitsanstalt. Gleichzeitig war die Zahl der Suchtkranken gestiegen. Da inzwischen die Gesetzgebung Alkoholismus als Krankheit anerkannt hatte und die gesetzlichen Krankenkassen eine Unterbringung in einem Krankenhaus, aber nicht in einer Arbeitsanstalt bezahlte, ging die Idee der Arbeitshäuser dem Ende entgegen. Und spätestens mit der bundesdeutschen Strafrechtsreform, die am 1.9.1969 in Kraft trat war die Arbeitshaushaft abgeschafft worden. Der LVR entschied daher 1969 in Absprache mit den zuständigen Landesministerien, die Arbeitsanstalt Brauweiler zu schließen und in eine Klinik für Suchtkranke umzuwandeln, das Landeskrankenhaus Brauweiler.

Landeskrankenhaus

Landeskrankenhaus Brauweiler (1969-1978)


Vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Wertewandels und bundesdeutscher Gesetzesänderungen (u.a. war durch die Strafrechtsreform vom 1.9.1969, die Arbeitshaushaft abgeschafft worden) wurde die Landesarbeitsanstalt Brauweiler im Jahr 1969 geschlossen. Da die anstaltseigenen Betriebe und die vorhandene Infrastruktur ideale Bedingungen für eine weitere medizinische Nutzung zu sein schienen, wurde die Liegenschaft als Landeskrankenhaus Brauweiler mit einem Schwerpunkt auf der Behandlung von Suchtkranken weiter betrieben. Dies brachte aber bereits in der Vorbereitung Probleme mit sich. Personell war die Landesarbeitsanstalt Brauweiler einem Krankenhausbetrieb mit Suchtschwerpunkt nicht gewachsen, da erhebliche Unterschiede in der Art und Weise bestanden, wie mit Suchtkranken umgegangen wurde:

1. Anfangs fehlte es besonders an ärztlichem Personal, da bis 1969 nur drei Fachärzt*innen für Neurologie und Psychiatrie in Brauweiler tätig waren.
2. War bis auf elf ausgebildete Pfleger*innen, nur aus dem Aufsichtsbereich stammendes Personal angestellt. Diese Mitarbeitenden ließ der Landschaftsverband Rheinland zunächst in anderen Landeskrankenhäuser hospitieren, um zu Pflegepersonal umgeschult zu werden.
3. Bedingte die veränderte Umgangsweise die Notwendigkeit eines anders geschulten Personals. Während die in der Arbeitsanstalt angewandte Zwangsarbeit das Verhalten der eingelieferten Personen korrigieren sollte und daher eher Aufsichtspersonal benötigt wurde, verfolgte die klinische Herangehensweise eine tatsächliche Behandlung der Suchtkranken, die deren Suchtprobleme als Krankheit ansahen und durch Therapie und Medikation die Ursachen dieser Sucht in den Griff zu bekommen suchten. Hierfür war jedoch medizinisches Personal notwendig und nicht wie zuvor Personal des Justizvollzugs.
Dr. Reinhard Mangliers, der die konzeptionelle Vorbereitung seit 1968 übernommen hatte, ließ sich jedoch bereits 1971 in ein anderes Landeskrankenhaus (LKH) versetzen, da er es trotz vielfältigster Bemühungen nicht geschafft hatte, die Personalsituation in Brauweiler zu verbessern. Für ihn übernahm - bis zur Schließung des Landeskrankenhauses Brauweiler - Dr. Fritz Stockhausen die Leitung.
Nachdem man 1971/72, auch auf Grund öffentlich gewordener Missstände, feststellen musste, dass das ursprüngliche Konzept einer Einrichtung für Suchtkranke aus dem gesamten Rheinland nicht tragfähig war, entschloss sich der LVR zum 1.4.1972, das Krankenhaus in eine allgemeinpsychiatrische Einrichtung mit definiertem Versorgungsgebiet umzuwandeln. Dieser Änderung vorausgegangen war eine öffentliche Aktion von Brauweiler Ärztinnen und Patient*innen, die Reformen forderten. Sie wehrten sich gegen die Behandlung von Patient*innen wie zu Zeiten der Landesarbeitsanstalt. Zum Hintergrund hierzu ist zu bemerken, dass die arbeitsanstaltseigenen Betriebe zum Großteil fortgeführt wurden und die Patient*innen dort zu arbeiten hatten. Das Fortführen der klinikeigenen Betriebe hatte jedoch nicht nur einen arbeitstherapeutischen Hintergrund, sondern stellte für das Landeskrankenhaus Brauweiler auch einen erheblichen betriebswirtschaftlichen Faktor dar, da hier u.a. die Wäsche für andere Krankenhäuser gewaschen oder Vorbereitende Schritte wie das Schälen der Kartoffeln für die Kantine der Zentralverwaltung des LVR in Köln-Deutz vorgenommen wurden. Mit dieser Änderung der Nutzung war dem Landeskrankenhaus Brauweiler das Psychiatrie-Versorgungsgebiet des Landkreises Köln und die Suchtkrankenversorgung des linksrheinischen Kölns übertragen worden.

Skandale im LKH Brauweiler (1975-1979)



Doch auch im weiteren Verlauf des Krankenhauses blieb der ärztliche Betreuungsschlüssel ein Stein des Anstoßes. Nicht nur die Klinikleitung und Teile des Personals kritisierten immer wieder die angespannte Personalsituation, sondern auch die Patient*innen trugen dies spätestens 1975 in die Öffentlichkeit. Auf Grund des angesprochenen Betreuungsschlüssels, bei welchem im Jahresdurchschnitt auf einen Arzt/eine Ärztin 42 Patient*innen kommen, wurde von den Patient*innen besonders das fehlende Patientengespräch bemängelt. Dies führte dazu, dass das LKH Brauweiler im Laufe der Jahre mehrfach der öffentlichen Kritik und Beobachtung ausgesetzt wurde. Hierdurch wurde festgestellt, dass in Brauweiler trotz des Manglier’schen Konzepts keine wirkliche Therapie stattfand. Die Patient*innen, die ohne Therapie auskommen mussten, wurden weiterhin zur Arbeit in den krankenhauseigenen Betrieben angehalten.
Patient*innen mit schwereren psychischen Erkrankungen hingegen wurden trotz angestoßener bundesweiter Psychiatriereformen meist nur medikamentös behandelt, ohne dass irgendeine andere Form der Therapie stattgefunden hätte.
Zwar war der ärztliche Leiter des Krankenhauses, Dr. Stockhausen, in seinen Anfangsjahren durchaus um Reformen bemüht gewesen, doch auf Grund der personellen und baulichen Situation in Kombination mit internen Streitigkeiten und eigenen krankheitsbedingten Problemen setzte sich bei ihm ein stark autoritär geprägter Führungsstil durch, der keine Reformen mehr zuließ. Eine seiner ersten Maßnahmen, die durchaus reformorientiert war, war es Fixierungen auf das Nötigste zu begrenzen. Doch gelang es ihm nicht, dies unter seinen Kolleg*innen zu etablieren.
Des Weiteren führte die durch ihn veranlasste Abnahme der Fenstergitter und seine Anweisung, die Fenster nicht abzuschließen, dazu, dass vermehrt Patient*innen unter der Gefahr für Leib und Leben aus dem Krankenhaus entweichen konnten. Spätestens im Laufe des sogenannten Brauweilerskandals führten diese Entwicklungen 1978 zu Ermittlungen durch die Kölner Staatsanwaltschaft unter der Leitung von Oberstaatsanwältin Maria Th. Mösch. Frau Mösch ermittelte, da bei den Kölner Polizeibehörden mehrere Anzeigen durch die Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) gegen Leitende Mitarbeitende des LVR und des Landeskrankenhauses Brauweiler eingegangen waren. Im Vorfeld dieser Anzeigen hatten Mitglieder des SSK regelmäßig Patient*innen besucht und vermuteten, dass eine Patientin im LKH Brauweiler, auf Grund ihres Krankheitsverlaufs, an einer Übermedikation verstorben war. Der SSK erstattete u.a. Anzeige gegen den Klinikleiter und den behandelnden Arzt, demonstrierte öffentlich und wandte sich an die Presse. Hierdurch kam eine Skandalisierung des Landeskrankenhauses Brauweiler ins Rollen, in deren Verlauf der LVR die Einrichtung schloss.
Doch selbst nach dem zunächst verhängten Aufnahmestopp kam es zu weiteren Todesfällen, die in engem Zusammenhang mit der Personalsituation und den baulichen Faktoren standen. Die Ermittlungskommission um Maria Th. Mösch kam zu demselben Ergebnis wie der SSK und deckte noch weitere Missstände in Brauweiler auf. Dies führte in der Folge dazu, dass mehrere Pfleger*innen und Ärzt*innen verurteilt wurden.
Das Landeskrankenhaus Brauweiler wurde auf Beschluss des Landschaftsausschusses Ende Mai 1978 geschlossen und einer kulturellen Nutzung zugeführt. Die verbliebenen Patient*innen wurden auf andere Landeskrankenhäuser verteilt oder vorzeitig entlassen. Das Personal, soweit es nicht in den Kultureinrichtungen des LVR weiter beschäftigt werden konnte, wurde in andere psychiatrische Einrichtungen des LVR versetzt oder frühzeitig in den Ruhestand verabschiedet. Damit endete das erzieherisch-medizinische Kapitel der Abtei Brauweiler endgültig, und kulturelle Belange zogen nach über 170 Jahren wieder in die Gebäude ein.

LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler

Restaurierung und Umbau (1979-1990)



Als im Mai 1978 der Betrieb des Landeskrankenhaus Brauweiler eingestellt wurde, waren bereits grundlegende Überlegungen, einige der Kulturdienststellen des LVR in Brauweiler anzusiedeln, abgeschlossen. Bereits zwei Jahre vor der Schließung des Landeskrankenhauses war die erste psychiatriefremde Einrichtung nach Brauweiler auf das Abteigelände gelangt. Im Keller des sog. Wechselkrankenhauses hatte LVR-Mitarbeiter Peter Hensel, das Altaktenlager der Zentralverwaltung eingerichtet. Diese Einrichtung bestand in ihrer ursprünglichen Form fort bis 1985, als das Zentralarchiv des LVR mit der LVR-Archivberatung aus Köln-Deutz nach Brauweiler umzog und das Altaktenarchiv unter dem Begriff „Zwischenarchiv“ Teil des Archivs des LVR wurde.
Bereits 1978 - nur kurz nach der Schließung des Landeskrankenhauses - waren unter der Leitung von Antonius Dommers die Publikationsstelle, der Rheinlandverlag, und die Rheinland Betriebsgesellschaft mbH, sowie unter der Leitung von Dr. Alfons W. Biermann das Rheinische Museumsamt nach Brauweiler umgezogen. Dr. Peter Joerißen, damals Wissenschaftlicher Referent des Museumsamtes, beschrieb die Situation in Brauweiler als raum- und verkehrstechnisch wesentlich besser als in Bonn, wo das Museumsamt zuvor in einer Bonner Altbauwohnung in unmittelbarer Nähe des Landesmuseums seinen Sitz hatte.
Gleichzeitig mit den ersten Umzügen fand unter der Federführung der LVR-Projektkommission Brauweiler die Renovierung und Restaurierung der Abtei und des Abteigeländes statt. Bis zur Fertigstellung der gesamten Anlage mussten die oben genannten Dienststellen mehrfach innerhalb des Abteigeländes umziehen und mehr oder weniger auf einer Baustelle arbeiten.

Die Restaurierung selbst wurde zwar von der Projektkommission organisatorisch begleitet, fand jedoch unter den Augen des LVR-Denkmalamtes statt. Bis zu ihrer Fertigstellung kosteten Restaurierung und Umbau knapp 80 Mio. DM. Die teils im 19. Jahrhundert durch preußische Bauteile ergänzte Klosteranlage wurde in ihren barocken Zustand zurückversetzt. Etliche ehemalige Gebäude der Arbeitsanstalt und des Landeskrankenhauses wurden in dieser Zeit abgerissen - so auch das 1959/60 im heutigen Park erbaute „Haus D“ (ein psychiatrischer, gefängnisähnlicher Krankenhausbau). Beim Ausbruch-Versuch waren einige Patienten an der steilen Häuserwand („Eiger-Nordwand“) abgestürzt.
Die Restaurierung und der Umbau der ehemaligen Klostergebäude hatten sich gelohnt: 1990 erhielt die Abtei die Auszeichnung als „vorbildliches Bauwerk“. Verliehen wurde sie vom Land Nordrhein-Westfalen und der Architektenkammer NRW. Dr. Christoph Zöpel (SPD), damaliger Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes NRW, sprach in seiner damaligen Laudatio von „eine[r] bedeutende[n] denkmalpflegerische[n] und bauliche[n] Leistung“.

Kulturelle Nutzung der Abtei (1990-heute)

Das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, das die Restaurierung fachlich betreute und zahlreiche Kunst- und Bauschätze vor der Zerstörung rettete, bezog 1985 ebenfalls Büroräume in der mittelalterlichen Klosteranlage.
Der damalige Leiter des Rheinischen Museumsamtes, Dr. Alfons W. Biermann, gründete in den 1980er Jahren gemeinsam mit einigen seiner Weggefährten den Verein „Freundeskreis Abtei Brauweiler“, der die Nachfolge des ehemaligen Kulturvereins in Brauweiler antrat. Ziel war es, die Abtei Brauweiler durch kulturelle Veranstaltungen nach außen zu öffnen und ihr negatives Image zu verändern. Der Freundeskreis Abtei Brauweiler e.V. bietet bis heute ein vielseitiges Kulturprogramm.
Während noch heute sowohl das LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, als auch das LVR-Amt für Denkmalpflege ihren Sitz in Brauweiler haben, wurde die LVR-Museumsberatung 2007 nach Köln verlegt. 1978 war in Brauweiler vom Museumsamt eine Schule für Restaurierungstechnik gegründet worden. Doch bereits nach zwei Jahrgängen wurde sie wieder geschlossen. Die 1981 gegründete Museumsschule, die über viele Jahre Fort- und Weiterbildungen für Museumspersonal anbot, hat im Fortbildungszentrum für Archive, Bibliotheken und Museen ihren Nachfolger gefunden.
Ein erster Schritt, die Geschichte der Abtei Brauweiler auszustellen, erfolgte durch die im Jahr 2008 eröffnete Gedenkstätte Brauweiler , die im Kellergeschoss des ehemaligen Frauenhauses (heute Bürohaus) eingerichtet ist und die Geschichte der Jahre 1933 bis 1945 in Brauweiler dokumentiert. 2010 konnte im ehemaligen Gutshof das Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds eröffnet werden. Hier werden gesamte Werkkomplexe der jüngeren Kunst für die Zukunft bewahrt und öffentlichen Museen als Leihgaben für Ausstellungen zur Verfügung gestellt.
Als Teil des LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrums sorgt heute das LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler für die touristische Erschließung der Liegenschaft und trägt mit Kulturveranstaltungen zur öffentlichen Wahrnehmung der Abtei Brauweiler bei. Gemeinsam mit seinen Partnern - dem Freundeskreis der Abtei Brauweiler e.V., dem Verein für Geschichte e.V. Pulheim und verschiedenen anderen Playern - setzt es sich für die Sichtbarmachung der fast 1000-jährigen Geschichte des Bauwerks und seiner heutigen Nutzung als Kultur- und Dienstleistungszentrum des LVR ein. Ebenfalls ansässig in der Abtei ist die Rheinland Kultur GmbH.

LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler