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Giebel über der Toreinfahrt zur Abtei Brauweiler

Gedenkstätte
Brauweiler des LVR

Gedenkbuch Brauweiler

Biografien

Lorent, Roland Cornelius

  • geb. 12.03.1920 in Köln-Lindenthal
  • gest. 10.11.1944 in Köln-Ehrenfeld (öffentliche Erhängung)
  • Haft in Brauweiler: 04.10.1944 – 10.11.1944

Roland Lorent war eine Schlüsselfigur während der letzten Geschehnisse um die Gruppe Steinbrück in Köln-Ehrenfeld. Nach der Volksschule arbeitete er zunächst bei einer Köln-Ehrenfelder Blockeis-Firma. Wegen einiger Bagatelldelikte und weil er mehrfach von zu Hause weggelaufen war, veranlassten die Eltern seine Unterbringung im Solinger Fürsorgeerziehungsheim Halfeshof (1935 bis 1936). Danach arbeitete er bei wechselnden Kölner Firmen als Maschinenschreiner. Mitglied einer NSDAP-Organisation war er zu keiner Zeit, auch nicht der HJ. Sein Vater, von Beruf Schreiner, war Sozialdemokrat. Im August 1941 wurde Roland Lorent zur Flak nach Iserlohn eingezogen. Weil er herz- und magenkrank war, wurde er entlassen. Mit seiner ehemaligen Freundin Anna Brenden hatte er ein Kind. Beide wurden beim Luftangriff vom 29. Juni 1943 getötet, ebenso sein Vater.

Da seine Wohnung im Elternhaus in der Eburonenstraße zerbombt war, zog er zu seiner damaligen Verlobten. Sie war geschieden und lebte mit ihren unehelichen Kindern in der Keplerstraße 21. Am 21. April 1944 wurde auch dieses Haus zerstört, sodass Lorent mit seiner Verlobten und den Kindern in die Subbelrather Straße umziehen musste.

Im Februar 1944 wurde er erneut zur Flak eingezogen. Als er im August 1944 Heimaturlaub zur Behebung von Fliegerschäden erhielt, kehrte er nicht mehr zur Truppe zurück und lebte seitdem illegal als Deserteur in Köln. Immer mehr verfiel er dem Alkohol; um ihn sich zu beschaffen, begann er mit Einbrüchen. Gegen „Nazis“ entwickelte er einen ausgesprochenen Hass. Durch den Halbbruder seiner Verlobten, lernte er im August 1944 Hans Balzer kennen. Um nicht als Deserteur von einer Heeresstreife aufgegriffen zu werden, mietete er eine Laube in einem Kleingarten am Blücherpark (zwischen Ehrenfeld und Mauenheim) und tauchte dort unter. Bald zog auch Hans Balzer hier ein und gewann starken Einfluss auf ihn. Gemeinsam unternahmen sie zahlreiche Diebestouren, bei denen es immer auch um die Beschaffung von Alkohol ging. Die „Kaperfahrten“ waren so ergiebig, dass er sich vom Erlös auch einen gebrauchten Mercedes kaufen konnte, den Hans Balzer steuerte. Nach einem Zechgelage am 28. September 1944 stiftete Hans Balzer den betrunkenen Roland Lorent dazu an, den Köln-Braunsfelder Ortsgruppenleiter Heinrich Soentgen zu erschießen, wodurch umfangreiche Ermittlungen des in Brauweiler neu eingerichteten Gestapokommandos Kütter ausgelöst wurden.

Am 30. September 1944 stieß der von der Gestapo gesuchte Hans Steinbrück zu dem Duo. Noch am Abend des 30. September brachen sie in eine Garage ein, stahlen einen DKW, ein Motorrad, erbeuteten in einem aufgebrochenen Wehrmachtswagen Waffen und Munition und im Stüssgen-Lebensmittelmarkt in Köln-Lindenthal Zigaretten und Alkohol. Danach planten sie für den 1. Oktober 1944 eine „Befreiungsaktion“ für Cilly Serve, die Lebensgefährtin Steinbrücks, die man noch unter Polizeibewachung in ihrer Wohnung wähnte, die in Wirklichkeit aber bereits verhaftet war. Die sinnlose Aktion artete in eine wilde Schießerei mit mehreren Verletzten und Toten aus und scheiterte kläglich. Am 3. Oktober, morgens zwischen drei und vier Uhr, versuchte Lorent zusammen mit Hans Steinbrück, Sprengstoff aus dem Fort X zu stehlen, was jedoch misslang.

Am späten Abend des 3. Oktober 1944 wurde Lorent von einer Heeresstreife in einer Wohnung, in die er eingebrochen war, aufgespürt und wegen Fahnenflucht verhaftet; er war stark alkoholisiert. Am nächsten Tag wurde er nach Brauweiler gebracht, wo er vom Gestapokommando Kütter wiederholt nach den Regeln der „verschärften Vernehmung“ misshandelt wurde. Ohne Verfahren und Gerichtsurteil wurde er am Morgen des 10. November 1944 zusammen mit zwölf weiteren Mitgliedern der Gruppe Steinbrück in der Hüttenstraße am Bahnhof in Köln-Ehrenfeld öffentlich erhängt. Er war 24 Jahre alt.

Quellen:

  • ALVR 15080
  • LAV NRW R, Gerichte Rep. 248, Nr. 64, Bl. 213-218, 263, 264-267, 544-554; Nr. 65, Bl. 676-677r, 755

Literatur:

  • Daners, Hermann/Wißkirchen, Josef: Die Arbeitsanstalt Brauweiler bei Köln in nationalsozialistischer Zeit, Essen 2013.
  • Rusinek, Bernd: Gesellschaft in der Katastrophe. Terror, Illegalität, Widerstand – Köln 1944/45, Essen 1989.
  • Seibert, Winfried: Die Kölner Kontroverse. Legenden und Fakten um die NS-Verbrechen in Köln-Ehrenfeld, Essen 2014.

Text und Recherche:

Josef Wißkirchen

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