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Gedenkstätte
Brauweiler des LVR

Gedenkbuch Brauweiler

Biografien

Jakoby, Rudolf

  • geb. 07.11.1904 in Köln
  • gest. 28.12.1959 in Köln
  • Haft in Brauweiler: 11. – 13. November 1938

Rudolf Jakoby, jüdischer Herkunft, war seit Januar 1932 mit der katholischen Kölnerin Katharina Schumacher verheiratet. Das Ehepaar lebte zunächst in Köln, wo am 28. Februar 1933 Tochter Hannelore geboren wurde.

Rudolf Jakoby war seit 1932 bei der („arischen“) Firma Paul Abraham (Handlung für Karbid und Schweißtechnik) beschäftigt. Als diese ihn nicht mehr halten konnte, weil der Druck auf die jüdische Bevölkerung nach der Machtübernahme der NSDAP zunahm, siedelte die Familie nach Hennef an der Sieg über, wo er im Oktober 1934 ein Handelsgeschäft mit Eisenschrott eröffnete, dann aber als Vertreter der Kölner Firma Paul Abraham (später umbenannt in Dr. Kurt Korsing) Karbid und schweißtechnische Geräte vertrieb. Im Anschluss an den Novemberpogrom 1938 wurde er gegen Abend des 10. November in Hennef verhaftet, über Nacht dort in Polizeigewahrsam genommen und am 11. November 1938 in das Sammellager in Brauweiler eingeliefert. Zwei Tage später wurde er in einem Sammeltransport in das KZ Dachau deportiert und dort am 15. November unter der Zugangsnummer 27195 registriert. Einen Monat später wurde er entlassen und meldete sich am 15. Dezember 1938 in Hennef zurück. Seinen kaufmännischen Beruf konnte er aufgrund seiner Herkunft nicht weiter ausüben.

Im Februar 1939 fand die Familie Unterschlupf bei Verwandten in Köln und lebte ab Ende März 1939 in Köln-Nippes. Die Firma Paul Abraham gab Rudolf Jakoby erneut Arbeit, allerdings, um kein „Ärgernis“ zu erregen, nur im Innendienst und nur zu dem für Juden zulässigen geringeren Lohn. Seit Juni 1940 wurde er dann zur jüdischen Zwangsarbeit verpflichtet, u. a. im Straßen- und Tiefbau, wurde zeitweise aber auch von seinem vorigen Arbeitgeber erneut angefordert.

Wiederholte Vorladungen zur Kölner Gestapo konnten die Ehefrau nicht dazu bewegen, sich von ihrem jüdischen Ehepartner scheiden zu lassen. Im Juni 1941 wurde seine Tochter katholisch getauft. Seit September 1941 mussten Vater und Tochter den „Judenstern“ tragen. Bei dem Tausend-Bomber-Angriff auf Köln in der Nacht zum 31. Mai 1942 wurde das Haus in der Viersener Straße 30 ausgebombt. Über das weitere Schicksal berichtet die Tochter Hannelore Göttling-Jakoby: „Die obdachlose Familie kam zunächst bei der Familie des Malermeisters Oskar S. in der Bonner Straße 27 unter. Viele Jahre später erzählte S.‘s Tochter, dass der Blockwart (Zuständigkeitsperson im Bereich eines Häuserblocks zur NS-Zeit) ihren Vater angesprochen habe: ‚Du hast Juden bei dir wohnen!‘ Oskar S. hat ihn dann mit Geld beruhigt.“ Danach lebte die Familie kurze Zeit bei dem ebenfalls in einer sogenannten „Mischehe“ lebenden Bruder in der Dürener Straße. Am 18. Juni 1942 zog sie dann in das sogenannte „Judenhaus“ Mozartstraße, in dem mehrere christlich-jüdische Ehepaare lebten. Nach entsprechendem kirchlichen Dispens ließen die Eltern sich im Januar 1943 kirchlich trauen. Drei Monate später ging Rudolf Jakobys Tochter Hannelore mit zur Ersten Heiligen Kommunion. Nach erneuter Ausbombung fand man Aufnahme bei einer Familie im „Judenhaus“ in der Lochnerstraße.

Als Rudolf Jakoby und seine Tochter Anfang September 1944 die Aufforderung erhielten, sich im Lager Köln-Müngersdorf einzufinden, tauchte die Familie unter. Zunächst fand sie Unterschlupf bei Freunden in Köln-Kalk, dann ging sie nach Engelskirchen-Stiefelhagen im Oberbergischen, wo sie bereits vorher ein Zimmer angemietet hatte, um sich bei Luftangriffen auf Köln dorthin zurückziehen zu können. Die Vermieter wussten, dass Vater und Tochter jüdisch waren. Da die Anwesenheit des damals vierzigjährigen, im wehrpflichtigen Alter befindlichen Vaters auffällig war, beschäftigte Pfarrer Heinrich Huhnen ihn wegen seiner guten Französisch-Kenntnisse kurzzeitig als angeblichen französischen Zwangsarbeiter mit Ausbesserungsarbeiten am Pfarrhaus. Mit Hilfe anderer verschaffte er ihm dann ein Versteck in einer einsam gelegenen Holzhütte im benachbarten Ort Loope.

Nur selten besuchten Frau und Tochter ihn. Mit Näharbeiten, die sie auf den Bauernhöfen in der Umgegend anboten, und den Einnahmen aus einem Miethaus hielten sie sich über Wasser. Die Mutter meldete sich selbst und die Tochter Hannelore, ohne den zusätzlichen jüdischen Zwangsnamen „Sara“ anzugeben, im Januar 1945 polizeilich an, um Lebensmittelkarten zu erhalten. Beide fielen dank ihrer Besuche der katholischen Gottesdienste unter den vielen Evakuierten nicht auf. Ein im selben Haus einquartierter Wehrmachtsoffizier, dem die Mutter sich anvertraute, stellte für den untergetauchten Rudolf Jakoby fingierte Wehrmachts-Entlassungspapiere aus, von denen er jedoch nie Gebrauch machen musste.

Mit dem Einmarsch der Amerikaner in Engelskirchen am 12. April 1945 kam die Befreiung. Rudolf Jakoby wurde für einige Zeit von der Militärregierung – wohl auf Empfehlung von Pfarrer Heinrich Huhnen – mit Verwaltungsaufgaben im Amt Engelskirchen beauftragt, aber noch im gleichen Jahr wieder von seiner alten Firma Dr. Kurt Korsing (ehem. Paul Abraham) eingestellt. 1949 kehrte die Familie nach Köln zurück (Volksgartenstraße 42).

Rudolf Jakoby forschte jahrelang nach dem Verbleib seiner einst zahlreichen Familienangehörigen in Köln. Fast alle wurden deportiert und ermordet.

Quellen:

  • KZ-Gedenkstätte Dachau: Zugangsbücher (Signatur 39458)
  • Private Unterlagen und Informationen von Hannelore Göttling-Jakoby, Hamburg
  • Stadtarchiv Hennef, Bestand Hennef, Nr. 82

Literatur:

  • Daners, Hermann/Wißkirchen, Josef: Was in Brauweiler geschah. Die NS-Zeit und ihre Folgen in der Rheinischen Provinzial-Arbeitsanstalt, Pulheim 2006.
  • Kunze, Stefan: In Engelskirchen untergetaucht, in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 5.9.2005, online unter: http://www.ksta.de/in-engelskirchen-untergetaucht-13407348 (Stand: 10.7.2016).

Text und Recherche:

Josef Wißkirchen

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