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Gedenkstätte
Brauweiler des LVR

Gedenkbuch Brauweiler

Biografien

Ganse, Robert

  • geb. 24.02.1909 in Kassel
  • gest. 13.08.1972 in Berlin-Buch, Robert-Rössle-Klinik (heute: HELIOS Klinikum Berlin)
  • Haft in Brauweiler: April 1933 – 25.10.1933

Als Sohn eines Apothekers wuchs Robert Ganse in Frankfurt am Main auf, bis der Vater 1919 im Bergarbeiterviertel Duisburg-Hamborn eine Apotheke übernahm und die Familie dorthin umzog. Die neue Umgebung stand im Kontrast zum bisher bürgerlich geprägten Umfeld. Nach dem Abitur 1929 begann Robert sein Medizinstudium, das ihn an verschiedene Universitäten führte (Köln, Hamburg, Frankfurt am Main, Münster). 1931 trat er in Duisburg-Hamborn in die KPD ein und war in den Wahlkämpfen für seine Partei aktiv. Am 12. April 1933 wurde er in Hamborn verhaftet und anschließend in das KZ Brauweiler eingeliefert, wo der Bergarbeiter Anton Andrzejczak aus Kamp-Lintfort, ebenfalls Kommunist, sein Zellengenosse war. In seinen autobiographischen Notizen, die sich im Nachlass befinden, spricht Ganse von Schlägen und Schikanen der SA.

Nach rund sieben Monaten Haft wurde er am 25. Oktober 1933 in das Gerichtsgefängnis Hamm in Westfalen überführt und vor dem dortigen Oberlandesgericht der Vorbereitung zum Hochverrat beschuldigt, wegen Mangels an Beweisen aber freigesprochen und Ende Oktober 1933 aus der Haft entlassen. Er nahm sein Studium in Hamburg wieder auf und wurde dort am 8. Juni 1936 zum Dr. med. promoviert. Im selben Jahr heiratete er seine langjährige Verlobte. Nach einjähriger Praktikantenzeit arbeitete er ab Juni 1937 an der Städtischen Frauenklinik in Hamburg-Altona als Assistenzarzt, wurde 1938 aber wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ entlassen. Er wechselte deshalb an eine private Frauenklinik in Berlin und erwarb am 30. April 1943 die Anerkennung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

Aus gesundheitlichen Gründen war er wehrunfähig. Er wurde aber dienstverpflichtet und war 1944/45 in einer Klinik im besetzten polnischen Gnesen als leitender Gynäkologe tätig. Im Januar 1945 floh er vor der einrückenden Roten Armee nach Oeslau bei Coburg zu Verwandten seiner Frau. Nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde er am 2. Oktober 1945 zum Assistenzarzt an der Universitäts-Frauenklinik in Erlangen ernannt. Auch politisch wurde er wieder aktiv und übernahm den Vorsitz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Erlangen. Aus politischen Gründen kündigte die Universität Erlangen am 31. Mai 1947 seinen Anstellungsvertrag. Noch im selben Jahr siedelte Dr. Ganse nach Dresden über, wurde Chefarzt der Frauenklinik des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt und trat in die SED ein. Von 1954 bis 1972 war er Direktor der Frauenklinik der Medizinischen Akademie Dresden. 1957 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt und trat durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten hervor. Er starb 1972 nach einer Unterschenkelamputation.

Quelle:

  • Autobiographische Aufzeichnungen und Tagebücher im Nachlass (nach der Biographie von Kühn/Schneck)

Literatur:

  • Kühn, Kurt/Schneck, Peter: Robert Ganse. Das Schicksal eines Frauenarztes in den Kämpfen seiner Zeit, Leipzig ²1988.

Text und Recherche:

Josef Wißkirchen

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